Meine Ausstellungsanlagen haben Punkt zu Punkt Betrieb, d.h. sie fahren von einem Ende zum Anderen und zurück. Dadurch ergibt es sich, dass an den Endpunkten, z.B. beim Be- und Entladen oder beim Leeren des LKWs, kein Betrieb stattfindet. In diesen Momenten neigen die Besucher dazu, nur einen kurzen desinteressierten Seitenblick auf die Anlage zu werfen und dann achtlos weiter zu gehen. Irgendwie fand ich das auf Dauer ärgerlich (wozu steh’ ich eigentlich hier?) und sann auf Abhilfe. Da nun im höheren Primaten Homo Sapiens, trotz aller Zivilisierung, doch immer noch ein instinktiv auf Beute lauernder Jäger steckt, galt es also, diesen Jagdtrieb für meine niederen Zwecke zu nutzen (wer hat da gerade missbrauchen gesagt?). Also habe ich mir einen Lockvogel gebaut. Eigentlich bin ich kein großer Freund von Pizza Layouts mit ihrem sinnlosen vorbildwidrigen Rundherum-Betrieb. Aber sie bieten ständige Bewegung (neudeutsch Äktsch’n) und das lockt Leute. Da ich in eine Anlage, die eigentlich gar keine sein sollte, nicht viel Aufwand und vor allem wenig Geld investieren wollte, begann alles mit einer Inventur meiner diversen Grabbelkisten. Und siehe da: fast alles für ein kleines Etwas in H0e war vorhanden. Es ist schon erstaunlich, welchen Kram man im Laufe der Zeit so hortet. Eine Dampflok, ein paar Kipploren und ein Baggermodell gaben auch gleich das Thema vor: ein Steinbruch. Einzig an Gebäuden hatte ich nichts Passendes mehr. Da ich ja einerseits faul bin, mir andererseits der Maßstab 1:87 für meine mit dem Alter steifer werdenden Finger und unschärferen Augen doch langsam etwas zu fummelig wird, habe ich mir einen Satz Hütten von Faller dazu gekauft. Diese allerdings so überarbeitet, dass man ihre industrielle Herkunft nicht mehr ganz so deutlich sieht. So bin ich, mit noch ein bisschen weiterem Kleinkram, auf Gesamtkosten von nur etwa 20 Euro gekommen.
Weil sie ja Leute locken soll, heißt die Anlage Steinbruch Paul Köder.
Und nach der langen Vorrede hier jetzt ein paar Bilder:
In der Mitte befindet sich der eigentliche Steinbruch mit den Gebäuden und einem kleinen Lastwagen, der gerade ein paar Natursteine ausliefert. Daneben der schon etwas in die Jahre gekommene Bagger. Um Alles herum fährt die Feldbahn mit ihrem Lorenzug.
Die gesamte Anlage ist 30 x 40 cm groß und passt damit genau in einen IKEA Bilderrahmen (OK, ich hab sie extra dafür gebaut).
Die gesamte Firma
Hinter den Hütten hat sich etwas Schrott angesammelt
Der Bagger hat auch schon bessere Tage gesehen
Ein paar Natursteine sollen ausgeliefert werden. Es gibt allerdings noch Diskussionsbedarf.
Der Zug kommt aus dem linken Tunnel
Wo die Ladung wohl hin soll?
So voll beladen ist der Bremser wichtig.
Der komplette Zug
Vor der Einfahrt in den rechten Tunnel
Die Anlage von hinten. Rechts der eingebaute Fahrtregler. Alles wird analog betrieben.
Damit bei Besuchern nicht die Vorstellung aufkommt, das wäre eine richtige Modelleisenbahn, lege ich auf Ausstellungen ein Schild mit folgendem Text davor:
Dies ist KEINE Modellbahnanlage sondern ein KÖDER. Wenn auf der eigentlichen Ausstellungsanlage gerade kein Betrieb stattfindet, neigen die Besucher dazu, achtlos vorbei zu gehen. Wenn sich aber etwas bewegt, kommen sie näher um zu sehen, was es ist (instinktiver Jäger – Beute Reflex) und beachten dann auch die Ausstellungsanlage.
Glauben Sie nicht?
Nun, die Tatsache, dass Sie hier stehen und das lesen, beweist doch, dass es so ist.
Gibt jedes mal amüsiertes Grinsen und man ist gleich im Gespräch. Ich hatte ja damit gerechnet, dass die Wirkung nicht sehr groß wäre. Aber auf der Ausstellung in Katwijk in den Niederlanden und später bei uns im Technikmuseum hat sich gezeigt, dass keiner mehr desinteressiert vorbei ging sondern alle kamen sofort drauf zu. Die Arbeit hat sich also gelohnt, der Trick funktioniert.
So, Ihr würdet ja nicht hier im Forum lesen, wenn Ihr nicht daran interessiert wärt, wie alles gebaut wurde.
Also dann:
Angefangen hat alles mit einer 20 mm Styrodur Platte von 30 x 40 cm. Darauf habe ich erst mal den Streckenverlauf aufgezeichnet. Weil ich noch eine alte H0e Feldbahnweiche von Roco rumliegen hatte, hab ich die zur Interessantmache mit eingebaut, das hat allerdings aus Platzgründen an den Ecken zu teilweise aberwitzigen Kurvenradien geführt. Vorne links habe ich z.B. einen Radius von 7 cm.
Als Gleis habe ich Meterware des unregelmäßigen Feldbahngleises von Roco genommen. Wegen der engen Radien musste ich allerdings die Längsverbindungen rausknipsen. Es hat nicht ganz rum gereicht, also hab ich hinten, wo man’s später nicht sieht, ein Stück N Gleis eingesetzt.
Bettung ist Vogelsand. Das dreieckige Ding hinten links beherbergt den Fahrtregler und verschwindet später im Berg. So sieht er dann von hinten aus. Gefahren wird analog und das ist ein ganz simpler selbstgebauter Transistorregler.
Im Hintergrund wurde eine Rückwand aus 3 mm Schaumkarton gebaut, davor ein Tunnel aus dem gleichen Material. Die Weiche lässt sich übrigens stellen, der kleine Pin, der vorne links aus der Landschaft ragt, ist der Griff, der über eine Stellstange unter der Platte die Weiche stellt. Später wird er mit einem Ölfass als Griff kaschiert.
Die Felsen sind wieder aus Kork, die grobe Landschaft aus Styrodurstücken.
Die Feinmodellierung ist, wie immer bei mir, wieder aus Pappmaché und die Steine wieder aus Katzenstreu.
Da die Landschaft hinten etwas zu flach und gedrungen aussah, habe ich eine Hintergrundkulisse angebracht. Das ist einfach ein passendes Bild aus dem Internet, auf DIN A 3 ausgedruckt (war gerade breit genug) und auf einem Stück Schaumkarton aufgezogen. Das wird mit zwei Rändelschrauben von hinten in zwei eingeklebte Muttern geschraubt, damit man es zum Transport abnehmen kann. Da ich hinten nur niedrige Büsche habe und die Beleuchtung von oben kommt, gibt es keinen Schattenwurf und die Illusion ist perfekt. Außerdem hat der Laserdrucker die Grüntöne fast ganz genau so wie das Streumaterial auf der Anlage wiedergegeben, so dass der Übergang kaum zu sehen ist.
Auf der Rückseite habe ich noch eine Klappe eingebaut, damit man an den Tunnel rankommt. Einerseits zum Gleise reinigen, andererseits um bei Unfällen Zugang zu haben.
Da sieht man auch die Rändelschrauben und rechts den Fahrtregler.
Zu den Fahrzeugen.
Den Bau der Lok habe ich ja schon mal HIER und den der Loren HIER beschrieben.
Den Pickup hatte ich noch rumliegen. Hatte ich vor über 30 Jahren mal für ichweißnichtwas gekauft. OK, passt als Chevrolet (?) eigentlich nicht in einen deutschen Steinbruch aber Paul Köder hat eben ein Faible für amerikanische Autos und sich den bei Morlock Motors gekauft.
Das Modell des Baggers ist etwa genau so alt, hab ich damals auch mal auf irgendeiner Ausstellung gekauft. Es ist das Modell eines Nobas UB 80 aus den späten 50ern von der Maschinenfabrik Nobas in Nordhausen am Harz. Der Hersteller des Modells war, glaube ich, auch eine DDR Firma, ich weiß aber den Namen nicht mehr.
Ich hab damals um die 12 DM dafür bezahlt, heute kostet er 16 Euro. Ist also eigentlich kaum teurer geworden. Als Seile hatten sie damals fast 2 mm dicke Gummischnüre ohne Logik und Sinn wild drumrum geschlungen. Die hab ich entfernt, mir im Internet Bilder vom Bagger gesucht und dann aus braunem Nähgarn neue richtig aufgezogen. Und ihn natürlich dreckig gemacht. Hab ich aber keine Bilder von gemacht.
So, das war der Steinbruch. Sollte eigentlich ‘ne ganz einfache schnelle Bastelei werden. Aber wie das bei uns durchgeknallten Modellbaunerds so ist, hat man erst mal angefangen kriegen die Ideen schnell Junge. Und so waren ganz schnell 5 Monate und 160 Stunden rum (diesmal hab ich ausnahmsweise mal mitgezählt, wollt’s einfach mal wissen).
das ist mal wieder eine tolle Anl... ein toller Köder. Macht immer viel Spaß, Deine Texte zu lesen! Wie hast Du bei der Ausstellung das Thema Beleuchtung gelöst?
Da hab ich was Selbstgebautes aus IKEA Teilen und Regalschienen. Muss ich mal ein Foto machen, aber dazu muss ich den ganzen Ausstellungstisch aufbauen, mal sehen ob ich dieser Tage mal dazu komme.
Zitat von Günni im Beitrag #1Der Hersteller des Modells war, glaube ich, auch eine DDR Firma, ich weiß aber den Namen nicht mehr.
Ich hab noch mal nachgesucht, der heutige Hersteller ist die Firma Minicar (ehemals DreiKa Modellbau) und gehört Auhagen. Die haben z.Zt. verschiedene Modelle eines Goliath, eines Multicar und eines Robur im Programm. Den Bagger scheint's im Moment wohl nicht zu geben.