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Dieses Thema hat 9 Antworten
und wurde 1.127 mal aufgerufen
 Kitbashing und schamloses Metzgern
Günni Offline




Beiträge: 497

04.11.2021 15:13
Es lebe der Suff Antworten

Ich hab's schon wieder getan! Ich hab was gebastelt. Und noch nicht mal was Eisenbahntechnisches! Aber sowas darf ja auch mal sein.

Unser Forums-Chief (Ludwig) plant an einer neuen Anlage in 1f. Thema Hinterhof mit einigen kleinen Manufakturen. Eine Feldbahn kommt durch eine Hausdurchfahrt von der Straße und versorgt diese. Eine dieser Manufakturen soll eine Brennerei für edle Obstschnäpse werden. Nachdem ich interessehalber zum Thema mal so'n bisschen im Internet rumgedaddelt hatte, fiel mich die Lust anheim, über dieses Thema in Form eines Modells zu reflektieren und Ludwig zum Präsent darzureichen (welch Schönheit der Sprache).
Profan gesagt, ich habe eine Schnapsdestillationsanlage in 1:32 gebaut. Es ist eine Anlage für Obstschnäpse. Man könnte auch (mit etwas Aufwand) Whisky damit machen, aber dafür ist sie eigentlich nicht gedacht.

Alles beginnt, wie meistens, mit einer gut gefüllten Grabbelkiste.



Ich bin ja ein großer Recyklingverfechter und sammele alles, was mal brauchbar sein könnte. Vom Überraschungsei über Tablettenröhrchen, Filzstiftgehäusen, leeren Farbbandkassetten bis zur abgelaufenen Bankkarte. Da findet sich immer was Passendes.

Nach der Materialauswahl ging‘s dann los.



Zuerst hab ich alle Einzelteile geschnitzt. Der Hauptbrennkessel ist das erwähnte Überraschungsei. Der Dom darauf ein Stück Tablettenröhrchen, die Feindestillation ist die Aufbewahrungshülle einer Einwegspritze und der Kühler ein Stück von einer Gardinenwurfstange. Was eben maßlich so gepasst hat. Der Korpus der Feuerung besteht aus Architekturkarton (das Zeug aus oben und unten dünner Pappe, dazwischen Schaumstoff) von 3 mm Dicke. Im Internet hab ich mir ein schönes Mauerwerksbild rausgesucht, entsprechend skaliert, ausgedruckt und aufgeklebt. Danach die Fugen mit einer Reißnadel nachgezogen und schon sah das dreidimensional aus. Die Feuerungstür ist aus Polystyrolplatte, das Gitter sind eingeklebte Drahtstückchen. Ziemliche Fummelei, die ganze Tür ist nur etwa 1 x 1 cm groß. Dahinter sitzt eine Flackerleuchtdiode aus einem elektrischen Teelicht. Gibt ein recht überzeugendes Feuer. Als obere Beton- oder Steinabdeckung dient einfach 2 mm Graupappe. Die restlichen Flansche sind aus Polystyrol zurechtgeschnitten und gefeilt. Als Verschraubungen wurden kurze Drahtstückchen eingeklebt. Für die Rohrverbindungen habe ich Polystyrol- Rundmaterial mit dem Feuerzeug erwärmt und zurechtgebogen. Musste natürlich mehrmals erwärmen und korrigieren bis es gepasst hat. Auch der Ablasshahn für die Maische links ist so entstanden und hat als Drehgriff einen kleinen Druckknopf bekommen. Tipp: man muss den einklipsenden Teil davon nehmen, der Teil mit der kleinen Feder drin ist zu klobig. Für das Ofenrohr (auch Polystyrol Rund) habe ich auf dem Computer die Ecken aufgezeichnet, ausgedruckt und das Rundmaterial zu Sägen draufgelegt um die Winkel zu bekommen. War nicht so ganz präzise aber nach ein bisschen Feilen hat's dann doch geklappt. Die Schellen sind 0,3 mm Kunststoffstreifen, die Verschraubungen links und rechts einzeln angesetzte Stückchen mit Draht als Verschraubung. Hat einige nicht jugendfreie Flüche und Hasstiraden gebraucht, bis die Dinger drangeblieben sind (1,5 x 1,5 mm groß). Der Teufel steckt halt doch im Detail.



Das war der pfriemelige Teil, jetzt erst mal das erste Probezusammenstecken. Der Kondensator (das senkrechte Rohr rechts) erscheint etwas zu dünn. Ich habe aber im Netz Vorbildfotos mit solch schlanken Teilen gefunden.



Jetzt konnte lackiert werden. Für die Farbgebung habe ich Vallejo Kupfer und Gold verwendet. Der eigentliche Vallejo Kupferton war mir allerdings viel zu düster. Also hab ich auf drei Teile Kupfer einen Teil Gold zugemischt und voilà, genau so wie ich mir das vorgestellt hatte. Alle Teile haben jeweils zwei Schichten Kupfer bzw. Gold und darauf vier Schichten glänzenden Klarlack erhalten. Alles mit einem feinen weichen Pinsel aufgebracht. Bei so kleinen Flächen wird das bei etwas Sorgfalt gleichmäßig genug. Die Wahrheit ist, ich war einfach zu faul, die Spritzpistole rauszukramen und hinterher das Ding stundenlang auszuwaschen. Es sieht hier auf den Fotos etwas blass aus, liegt wohl an der Beleuchtung. Aber im Original ist es richtig schön kupferig.

Hier das, was vom Basteln übrig blieb und die völlig normale Ordnung am Schluss.





Und wie sieht's nun fertig aus?
So:







In der Feuertür sieht man das Leuchtdiodenfeuer.

Das kleine Diorama ist wieder auf Architekturkarton aufgebaut und ca. 120 mm breit, 120 mm hoch und 100 mm tief. Für die Kachelwand hinten hatte ich noch dünnen blassgelben Karton. Die Fugen wurden mittels Geodreieck und grauem Buntstift aufgemalt (wozu habe ich schließlich vor 53 Jahren mal Technischer Zeichner gelernt, für irgendwas muss das doch gut sein). Ich hätte es auch drucken können aber bei dünnen grauen Linien werden die auf dem Drucker gern so grisselig. Die Fläche wurde dann noch mit glänzendem Klarlack lackiert und die Fugen nach dem Aufkleben wieder mit der Reißnadel nachgezogen. Sieht erstaunlich echt aus. Der Betonboden ist wieder Graupappe die mit grauer Pastellkreide und schmuddeliger Farbmischung aus dem Schulmalkasten eingedreckt wurde.

Hier noch mal die Feuerung aus der Nähe.



Bei der Internetrecherche war ich auf der Seite einer Brennerei auf ein Video gestoßen, wo die hauseigene Destillerie erklärt wurde. Und der Mensch dort meinte, sie würden mit Holz feuern, weil man damit den Brand wohl besser regeln könne. Gut, kann ich nicht beurteilen, macht aber dekorativ auf jeden Fall was her. Also gibt's auch hier Holzfeuerung. Holzhacken aus dünnen Ästchen mit dem Teppichmesser ist schon eine Erfahrung.



Der kupferne Eimer für das Destillat war irgendeine nach unten zulaufende Kunststoffabdeckung mit einem Stück Draht als Henkel. Weil er so nackt und verloren auf dem Fußboden rumstand, sollte er zuerst einen Hocker bekommen aber ich fand, eine alte Palette sah irgendwie professioneller aus. Hätte ich vorher geahnt, wieviel Arbeit so'n Ding macht, hätte ich wohl doch lieber einen Hocker gebaut.
Wer Schnaps machen will, braucht auch was, woraus er ihn destilliert. Deshalb steht im Vordergrund ein Bottich mit Maische (für Alkoholunkundige: das ist ein Gemisch aus Obst und Wasser, das mit Hefe vergoren wird und dadurch einen Alkoholgehalt von 8 bis 10% erreicht. Das wird dann durch die Destillation auf locker 60% gebracht). Der Bottich hat als Korpus ein Stück Tablettenröhrchen. Um den wurden Holzleistchen geklebt. Das Tablettenröhrchen ist etwas kürzer, damit man oben nur das Holz sieht. Die Fassringe sind aus dünner Pappe (lässt sich viel leichter rumbiegen als Kunststoff) und dunkelmetallic lackiert.
Für die Maische habe ich ein durchsichtiges rundes Stück Kunststoff von unten mit verschiedenen graubraunen Farben bemalt (genauer: mit 'nem Wattestäbchen draufgerollt). Von unten deshalb, damit oben eine glänzende (feuchte) Fläche bleibt. Der Schaum ist glänzender Klarlack. Der bekam einen winzigen (!) Tropfen weiße Farbe, wurde mit dem Pinsel ordentlich schaumig aufgerührt und dieser Schaum in mehreren Durchgängen am Rand der Maische aufgetupft.

Damit die Destillation ordentlich verläuft, wird sie beim Brennen ständig umgerührt. Zu diesem Behufe gibt's auf der linken Seite ein elektrisches Rührwerk.



Der Motor ist aus einem Stück Kunststoff-Rundmaterial auf das zwei kleine rechteckige durchbohrte Platten und an den Enden Stücke von zufällig passender Kabelisolierung aufgeschoben wurden. Die beiden Platten bekamen in den Ecken Bohrungen und durchgesteckte Drähte, die die Gehäusespannschrauben darstellen. Das Umlenkgetriebe ist ein Kunststoffstück, mit ein paar Drahtstückchen "interessant" gemacht. Im Hintergrund kann man an der Wand ziemlich unscharf den Schalter erkennen. Das ist auch nur ein Stück Kunststoff mit einer Ganzmetallstecknadel (die Dinger aus neugekauften Hemden) als Schalthebel.
Im Vordergrund sieht man die Einfülluke mit der Verschlussvorrichtung zum Zuschrauben (ich hätte vor dem Fotografieren mal den Staub abpinseln sollen). Die Hebel der Verschlussschraube sind wieder die erwähnten Nadeln.
Das Thermometer ist ein kurzes Rohrstück. Das Zifferblatt wurde auf dem Computer ausgedruckt und zusammen mit einer klaren Kunststoffscheibe auf ein Stück passendes Rundmaterial geklebt das dann von hinten ins Rohrstück kam.

Wenn der Alkohol und die Aromen aus der Maische rausdestilliert sind, muss man sie wieder loswerden. Dazu gibt's links einen Ablasshahn.



Der besteht aus erwärmten gebogenen Kunststoffrundmaterial. Das eigentliche Hahngehäuse ist ein aufgeschobenes Stück Kabelisolierung, das Handrad, wie oben erwähnt, ein Druckknopf. Die ovale Wanne hat ihr Leben als Gehäuse eines Textmarkers begonnen (Faber Kastell glaube ich). Ein Stück davon mit einem Boden versehen, Drahthandgriffe dran und schön glänzend lackiert, damit's emailliert aussieht.
Da kann man übrigens nochmal die nachgezogenen Fugen beim Mauerwerk erkennen.
Die silbernen Oberflächen beim Hahn und beim Ofenrohr sind übrigens mit einem Lackfilzstift gemacht. Die gibt's in Silber und Gold für wenig Geld im Schreibwarenhandel. Wenn man nur gelegentlich mal Metalloberflächen braucht ist das 'ne günstige Möglichkeit.

So, das war die Destille. Wer noch den Zweck der einzelnen Teile wissen möchte, hier:



Jetzt muss Ludwig nur noch ein Gebäude drumrumbauen und vorne ein schönes großes Tor vorsehen, damit man die Anlage auch gut sehen kann.



Prost
Günni

Je schmaler die Spur umso größer der Spaß


Klaus-Dieter Kaufmann Offline




Beiträge: 102

04.11.2021 15:15
#2 RE: Es lebe der Suff Antworten

Hallo Günni,

schöne Sache. Aber wieso erinnert mich Dein Brennkessel so sehr an einen Minion? Und der grinst auch noch.

Gruß
Klaus

Der frühe Vogel kriegt den Wurm, die zweite Maus aber den Käse!


Günni Offline




Beiträge: 497

04.11.2021 15:23
#3 RE: Es lebe der Suff Antworten

Weil das ein Überraschungsei ist und die heutigen haben so eine komische Form. Die alten waren rundrum glatt und hatten tatsächlich genau die Minion Form. Ich glaub, ich hab noch eins rumliegen. Wenn mich irgendwann der Teufel reitet, bau ich mal einen.

Günni

Je schmaler die Spur umso größer der Spaß


Sauerländer Kleinbahner Offline




Beiträge: 338

11.08.2022 12:04
#4 RE: Es lebe der Suff Antworten

Ich wette, dass die Destille sogar funktionieren würde, wenn man sie irgendwie so beheizt, das nix anbrennt. Saubere Arbeit!

Grüße

Jörn

https://www.shapeways.com/shops/silbergraber
Fahrwerke und Drehgestelle für 0m-22,2 und 0e-16,5
Zubehör für H0e/H0m


Günni Offline




Beiträge: 497

11.08.2022 13:46
#5 RE: Es lebe der Suff Antworten

Nö würde sie nicht. Erstens ist das alles Kunststoff und zweitens sind alle Rohre keine solchen sondern massives Polystyrol-Rundmaterial. Liess sich leichter und knickfrei biegen.
Aber "beheizt" wird sie schon. Hinter der Feuerungsklappe steckt eine Flackerdiode aus einem elektrischen Windlicht. Das sieht schon einigermaßen echt aus.

_________________________________

Günni

Je schmaler die Spur umso größer der Spaß


Sauerländer Kleinbahner Offline




Beiträge: 338

11.08.2022 14:01
#6 RE: Es lebe der Suff Antworten

Zerstöre nicht meine Träume :D

Egal, Hauptsache Kohlenstoff, Wasserstoff und etwas Sauerstoff. Das Chlor übersehen wir mal einfach 🤪

https://www.shapeways.com/shops/silbergraber
Fahrwerke und Drehgestelle für 0m-22,2 und 0e-16,5
Zubehör für H0e/H0m


rofra Offline




Beiträge: 1.175

11.08.2022 14:11
#7 RE: Es lebe der Suff Antworten

Zitat
Nö würde sie nicht. Erstens ist das alles Kunststoff und zweitens sind alle Rohre keine solchen sondern massives Polystyrol-Rundmaterial



Zitat
Zerstöre nicht meine Träume



Ich wusste schon warum ich mir einen entsprechen Eigelbkommentar verkniffen hab :D

Ich übelege immernoch ob ich zumindest eine 2,5-D Version davon in mein Untergeschoss auf dem Segmentdrehscheibenmodul baue. Zumindest die im Durchmesser recht kleinen "Anbauten" wären machbar, denke ich.

~ from prussia with love ~

der franke, der robert


Günni Offline




Beiträge: 497

11.08.2022 22:03
#8 RE: Es lebe der Suff Antworten

Zitat von Sauerländer Kleinbahner im Beitrag #6
Egal, Hauptsache Kohlenstoff, Wasserstoff und etwas Sauerstoff. Das Chlor übersehen wir mal einfach


Das Chlor wird doch oben im Katalysator sowieso neutralisiert.



Robert:

2,5 D ?? Bin mal gespannt, wie Du die halbe Dimension hinkriegst. Heiliger Einstein.

Wenn Du Hinweise oder Tips brauchst, frag einfach.



PS: ist interessant, dass Ihr nach der langen Zeit den Artikel wiederentdeckt habt.

_________________________________

Günni

Je schmaler die Spur umso größer der Spaß


rofra Offline




Beiträge: 1.175

11.08.2022 22:24
#9 RE: Es lebe der Suff Antworten

Naja, vorne Plastisch, hinten 2D, also nur gezeichnet, war mein Gedanke. Das ist so ein Kunstbegriff aus der Videospielewelt, bei denen 3D Modelle auf klassische 2D Hintergründe gepappt werden.

Viel Platz ist nicht aber durch die große Fensterfläche möchte ich da etwas hin haben. Die seitlichen Kühler, Katalysator und co. sollten im Halbrelief unterzubringen sein. Davor ein schmaler Gang und im Hintergrund dann der gezeichnete, etwas aufgepumpte Kessel der das Modul nach hinten abschließt. Wenn ich innen garnicht (eigentlich sollte da Licht rein, deswegen) bis Sparsam beleuchte, könnte das klappen und halbwegs ansehnlich sein.

Zitat
PS: ist interessant, dass Ihr nach der langen Zeit den Artikel wiederentdeckt habt.



Die Idee hat sich - Achtung Wortspiel - eingebrannt. Sie passt halt in ein ländliches Diorama und das Ding ist knuffig.

So könnte im Obergeschoss Rohstoffe ankommen und gelagert werden (was auch die Inneneinrichtung wesentlich einfacher macht), Kohle und Holz per O-Wagen wären drin und der Güterschuppen dient dann zum Lagern und Verschicken des Gebräus oder Destillats (Bier ist ja auch noch eine Option). Sobald ich wieder zuhause bin (mache gerade "Urlaub" auf dem Land) und das Untergeschoss im Rohbau steht, bastel ich mal was um zu zeigen was ich meine und zu schauen ob das klappt. Nach 2 Wochen juckt es langsam in den Fingern...

~ from prussia with love ~

der franke, der robert


Manuel K Offline




Beiträge: 121

22.08.2022 12:26
#10 RE: Es lebe der Suff Antworten

Hallo Günni,

einfach nur genial!!! So eine Schnapsbrennerei als Freiluftteil sah ich mal in einem der Wassertalbahn Videos. Die einheimischen sagten "Buna Medicale", zu Deutsch "Gute Medizin". Kann ich nur bestätigen*hüstel
Würde sich auch gut als solches in einen meiner " Hinterhöfe" machen. Mal sehen, ob ich die Szene wiederfinde, dann werd ich das mal in Angriff nehmen.

mfg Manu


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