Diesen Erfahrungsbericht habe ich vor Jahren schon einmal in einem Forum veröffentlicht, ich weiß nicht mehr in welchem. Da seine Inhalte heute immer noch gelten stelle ich ihn hier im neuen Schmalspur-Treff ein. Es wäre schön, wenn Lackierer ihre Erfahrungen, insbesondere mit anderen Lacken, hier ebenfalls preisgeben würden.
Die nachfolgenden Abläufe und Werte beziehen sich auf meine Erfahrung. Bei Verwendung anderer Techniken, Werkzeugen und Materialien können die Anwendungen anders aussehen.
1. Kunststoffgehäuse können grundsätzlich auch sandgestrahlt werden. Dadurch wird bei gegossenen Gehäusen (Gießharz) das Trennmittel entfernt und bei Selbstbauten bzw. Frästeilen aus Polystyrol wird die fertigungsbedingt fettige und extrem glatte Oberfläche gereinigt und aufgeraut.
2. Ich verwende zum Strahlen Edelkorund 110 µ. Den Druck des Kompressors habe ich dabei auf 1,5 bar eingestellt. Zu beachten ist, daß der Sandstrahl nicht rechtwinklig sondern in einem flachen Winkel auf das Modell auftrifft. Den Sandstrahl dabei immer linienförmig bewegen. Wenn man auf einen Punkt zielt und mit dem Strahl stehen bleibt schießt sich das Strahlgut in den Kunststoff ein.
3. Nach dem Sandstrahlen das Modell mit viel warmem Wasser und evtl. mit Flüssigscheuermittel reinigen und kräftig spülen. Anschließend sofort mit Pressluft trocknen. Kontrollieren, ob genügend gewässert wurde, es können sich sonst in Ecken Reste der Scheuermilch ablagern.
4. Ich lackiere grundsätzlich mit Nitrolacken, da sie wärmebeständig, grifffest und schnelltrocknend sind sowie eine hohe Haftung haben. Bei Kunststoffmodellen wäre eigentlich keine Grundierung erforderlich. Ich habe jedoch die Erfahrung gemacht, daß Kunststoff nicht gleich Kunststoff ist. Zudem gibt es meist Anbauteile aus Messing, deshalb empfiehlt es sich grundsätzlich zu grundieren. Bei Verwendung von Wasserlacken oder Kunstharzlacken sollte immer grundiert werden. Die Grundierung wird nur sehr dünn aufgetragen. Ich rühre die Grundierung grundsätzlich nicht auf, sondern schwenke nur die Dose ganz leicht. Die abgesetzten Füllstoffe der Grundierungen sind sehr grob und verursachen nach dem Abtrocknen eine sehr raue Oberfläche.
5. Die Grundierung lasse ich einen Tag trocknen und reibe das Modell dann mit einem härteren Borstenpinsel ab. Dies ist eine richtig staubige Arbeit. Dadurch lösen sich etwas größere Füllpigmente und die Fläche wird wieder glatt. Anschließen nur mit warmen Wasser und einem mittelharten Pinsel gut reinigen. Sollte die Oberfläche der Grundierung nicht absolut glatt sein, dann kann man versuchen mit 1000er Schmirgelpapier im Naßschliff diese Fläche zu glätten. Das Modell muß anschließend aber noch einmal gewässert werden. Das Modell nun wieder mit Pressluft trocknen und anschließen sofort den Lack in mehreren Schichten auftragen.
6. Grundsätzlich sollte bei Verwendung von Nitrolacken bzw. -grundierungen auf Kunststoffmodellen nur mit dünnen Lackschichten gearbeitet werden. Ich mache bei den Decklacken in der Regel 3 Schichten, die im Abstand von etwa 20 Minuten aufgetragen werden.
7. Egal ob Kunststoff- oder Metallmodelle, ich verzichte grundsätzlich auf chemische (lösende) Reinigungsmittel. Ich bin kein Chemiker, habe aber das Gefühl, daß immer ein paar Prozent Fett enthalten sind. Ich vertraue auf mechanische Reinigung und das natürliche Element Wasser.
eine Frage zum Strahlen. Wenn ich manche gelöteten Messingmodelle in der Entstehungsphase sehe gibt es an den Lötstellen leicht überschüssiges Lot das dann, wenn das Modell fertig zur Lackierung präsentiert wird, de facto weg ist. Kriegt man das überschüssige Lot durch vorsichtiges Strahlen weg?
Hallo Detlev, so lange es sich nur um ganz wenig überschüssiges Lot handelt, ist das mit dem Sandstrahlen zu beseitigen. Bei größerem Lotüberschuß benutze ich kleine Werkzeuge um diesen abzuschaben. Dabei sind diese, einem Stechbeitel gleich, geschliffen. Ein vorsichtiges Abtragen des überschüssigen Lotes ist dabei ohne Beschädigung des Grundwerkstoffes möglich. Anschließend dann sandstrahlen. Die sonstigen Vorgänge, wie Armin sie beschrieben hat. Grüße Riles (Rainer)
Zitat von BR 99 im Beitrag #2Kriegt man das überschüssige Lot durch vorsichtiges Strahlen weg?
Kriegt man, je intensiver mit dem Strahl auf das Lot gehalten wird. Im Bild kann man noch sehen, wo einst das Lot zu viel war und jetzt nur noch farbliche Reste zu erkennen sind.
Dabei kommt es auch auf das Strahlmittel an. Ich verwende Aluminiumoxide (AL2O3 - Air Eraser Compound) Es lohnt auch, je nach Schichtdicke das Lot vorher schon mechanisch weitgehend zu beseitigen. Da spart man das Strahlmittel.
Wie Armin schon schrieb, anschließend gründlich reinigen und vor dem Grundieren/Lackieren möglichst nicht mehr anfassen. Ich sandstrahle alle meine Modelle mit der Folge, daß der Lack - insbesondere an den Kanten und Ecken - viel besser hält, also zB. widerstandsfähiger gegen die Patschehändchen ist.
Rainer hat im Wesentlichen das Prinzip beschrieben. Ein paar Anmerkungen dazu habe ich noch.
Das Sandstrahlen dient vordergründig nicht dazu, daß überschüssiges Lot entfernt wird. Es soll die glatte Oberfläche des Materials aufrauen, um den Grundier- bzw. Lackschichten eine bessere Haftung zuverleihen. Dabei wir als Nebeneffekt auch das weichere Lot abgetragen. Es kommt nun auf die Körnigkeit des Strahlguts an wieviel Lot abgetragen wird. Bei sehr feinen Alukorrund ist der Abtrag nur sehr gering, so wie von Rainer beschrieben. Bei längerem "draufhalten" des Sandstrahls ist das Lot irgendwann auch weg. Das macht aber keinen Sinn, da die Abnützung des Strahlguts (wird immer mehr zu Staub und kann nicht noch einmal verwendet werden) und die dafür benötigte Zeit unverhältnismäßig ist. Besser ist das vorherige Entfernen des Überschüssigen Lots mit einem Stichel (gibt es in verschiedenen Breiten z.B. bei Fischer in Pforzheim), dem Abschaben mit einer Messerklinge, Schmirgelstäbchen oder Glasfasterstab (10mm dick, gibt es auch bei Fischer). Das Sandstrahlen dient dann nur noch dem Glätten und Anpassen der Übergänge.
Lasse Dich auch nicht täuschen. Auf den Fotos sieht es oft so aus, als wäre kein Lot mehr vorhanden. Das täuscht. sandgestrahlte Flächen mit Lotresten haben auf den Fotos oft dasseble Aussehen wie das Messing. Durch das Aufrauen ist es kaum mehr zu unterscheiden.
Noch ein Hinweis: Das Entfernen aller Lotrückstände durch Sandstrahlen kann auch einen negativen Effekt habe. Das Lot, das als Hohlkehle für die Stabilität von miteinander verlöteten Bauteilen erforderlich ist, wird dann ebenfalls abgetragen. Noch schlimmer wird es, wenn bei Bausätzen Bleche in Schichtbauweise aufgebaut werden. Der Lotkeil, der an den Absätzen der Bleche durch das glatt Schleifen entsteht (und notwendig ist) verschwindet. Die eigentlich glatte Fläche bekommt dann Stufen oder zumindest Strukturen.
das hat mir auf jeden Fall weitergeholfen. Gestrahlt wird bei mir dann zwar erst wieder wenn es warm ist, eine komplett dichte Kiste zu bauen und in der Waschküche zu strahlen ist mir zu aufwändig und auch riskant, auf jeden Fall weiss ich jetzt wie vorzugehen ist.
danke für die zahlreichen Informationen. Ich bin derzeit dabei, Messingbausätze zusammen zu löten. Bei der vielen Arbeit möchte ich demnächst auch eine gute Lackierung erhalten. Ich beabsichtige mit meiner Airbrush mit Model-Air von Vallejo zu lackieren. Nun stellen sich folgende Fragen:
Welche Sandstrahlpistolen verwendet ihr und wo bezieht ihr Pistole und Strahlmittel?
ich kann Dir eigentlich nur antworten, wie es bei Radio Eriwan lauten würde " im Prinzip so, aber es geht auch so ".
Deine erste Frage gilt der Pistole. Ich habe zwei verschiedene Sandstrahlkabinen bei denen die Pistolen zum System gehören. Die kleinere Sandstrahlkabine ist ein gebrauchtes Gerät aus der Zahntechnik von Renfert https://www.renfert.com/deu-de/system/pr...=12&view=teaser . Diese Geräte sind neu sehr teuer, werden aber immer wieder gebraucht angeboten. Das größere Gerät wird von verschiedenen Anbietern im Netz angeboten, z.B. https://www.renfert.com/deu-de/system/pr...=12&view=teaser . Wie gesagt gehört die Pistole zum System. Ich habe beide Geräte schon seit langem im Einsatz und habe sie damals über ebay gekauft. Bei beiden Geräten benötigt man einen Kompressor mit mindestens einem 30 Liter Tank, sonst läuft der die ganze Zeit und das nervt.
Als Strahlmittel habe ich zwei verschiedene im Einsatz. Für die kleine Kabine verwende ich Edelkorund mit 110 μm von SILADENT. Bei der größeren Kabine verwende ich ganz feinen Quarzsand aus der Fliesenlegerabteilung des Baumarkts. Das Strahlgut kann mehrmals verwendet werden. Es wird aber immer staubiger und die Kabine vernebelt dann stark.
Wichtig ist der eingestellte Druck. Ist der zu hoch und der Anstrahlwinkel zu senkrecht, dann verbiegen sich die Bleche sofort. Mein eingestellter Druck beträgt zwischen 1,5 und 2 bar. Die Schmalspurfahrzeuge und die Kleinteile werden alle in der kleinen Kabine gestrahlt. Größere Regelspurmodelle oder Schmalspurwagen ab 25 cm kommen ebenfalls in die große Kabine. Wichtig ist, daß der Sandstrahl schräg auf das Blech trifft und immer langsam bewegt wird, nicht auf einem Punkt stehen bleiben.
Als Orientierungshilfe noch etwas zum Zeitaufwand. Für einen schmalspurigen geschlossenen Güterwagen benötige ich für das Fahrgestell, den Aufbau und das Dach sowie alle Kleinteile die ich später ansetze ca. eine Stunde Strahlzeit, machmal auch etwas mehr. Hinzu kommt immer die Rüstzeit für die Gerätschaften.
Beide Kabinen sind nicht dicht und verstauben das Drumherum, die kleine weniger, die große mehr. Die große Kiste verwende ich eigentlich nur im Freien, die kleine im Winter ausnahmsweise auch in der Werkstatt, dann wird aber sofort gesaugt.
Als Grundierung verwende ich Nitro Haftgrund vom selben Lieferanten bei dem ich auch die Nitrolacke kaufe.
Falls weitere Fragen, dann bitte anrufen. Grüße aus VAI Armin.
Zitat von fritzclaus im Beitrag #7Es wäre schön ein paar Tipps zu erhalten.
Hallo Fritz,
1. Tipp: Es gibt im Netz Anbieter, die Komplettsets fürs Sandstrahlen vertreiben, falls Du nicht schon Ausrüstungsteile besitzt. Da ist die Pistole, ein Stückchen Schlauch und das Strahlmittel enthalten und sie sind relativ preiswert. Ich habe damit gute Erfahrungen gemacht. Eine Kabine ist dort allerdings nicht mit dabei.
2. Tipp: Auf alle Fälle würde ich dir raten, an einem Stück Blech das Sandstrahlen zu üben. Noch besser ist ein altes Messingmodell, da siehst Du wie Du in die Ecken kommst, welche Wirkung das Strahlmittel auf die Fläche hat und ob das Strahlmittel was taugt.
3. Tipp: Ich strahle mit einem Kompressor ohne Lufttank, der aber konstant min. 2 bar liefert und zudem so leise ist, das ich nebenbei Radio hören kann. Wie Armin schon schrieb, reicht dieser Druck völlig aus um gute Ergebnisse zu erzielen.
4. Tipp: Das Sandstrahlen ist eine einzige Sauerei, die man nur mühsam mit einer Kabine in den Griff bekommt. Wenn Du die Gelegenheit hast, weiche auf den Balkon oder in den Garten aus. Da dauert die Vorbereitung möglicherweise etwas länger, wird aber durch saubere Räume wettgemacht. Das Wiederverwenden des Strahlmittels kann ich dir nicht empfehlen. Die Wirkung auf dem Modell ist nicht halb so groß.
5. Tipp: Nach der gründlichen Reinigung spendiere ich dem Modell die Grundierung von Weinert. Nach meiner Erfahrung sehr gut geeignet für Metalloberflächen. Vorher brüniere ich mit dem Pinsel alle Außenkanten und Griffstangen. Sollte mit der Zeit durch den händischen Umgang mit dem Modell oder durch andere Umstände die Farbe an den Ecken, Kanten und Griffstangen abgehen, dann blinkt nicht gleich das blanke Messing hervor. Das klappt natürlich nur bei Dampflokmodellen, die sind nun mal überwiegend schwarz.
Hi, danke für eure Tipps, die werde ich beherzigen. Für die 2-3 Modelle, die ich im Jahr baue brauche keine Sandstrahlkabine. Ich werde mir wohl demnächst sowas zulegen: https://www.amazon.de/Airbrush-Sandstrah...01984FZ2G&psc=1 Wie schon jemand sagte, Versuch macht kluch. Wenns dann eines Tages soweit ist, werde ich berichten.
mit so einem Gerät habe ich in den 80er Jahren gearbeitet, als ich noch H0e Modelle baute. Mich nervte damals schon, daß der Sandbehälter sehr oft nachgefüllt werden mußte und der Strahlkegel sehr klein war. Bedenke, wenn Du in Spur 0 baust, daß dann die 6-fache Fläche von H0 gestrahlt werden muß. Deshalb habe ich mich damals sehr schnell für eine Kabinen entschieden, die größere Sandtanks bzw. einen permanenten Rücklauf des Strahlguts haben.