dieses Mal habe ich etwas für die Freunde der sächsischen Schmalspurbahnen.
Zum Vorbild: In diesem Fall richtet sich unser Blick auf die Schmalspurbahnen in Sachsen im Zeitraum der fünfziger und frühen sechziger Jahre. In Sachsen bestand nach dem Ende des zweiten Weltkriegs ein erheblicher Lokomotivmangel durch Verluste und reparationbsbedingte Abgaben. Im Speziellen wollen wir jedoch das BW Wilsdruff und die dort unterstehenden Strecken betrachten. Dort war die Anzahl der noch vorhandenen Lokomotiven der Baureihe 99 64-71 für die Betriebsanforderungen gerade noch ausreichend. Bedingt durch die rasche wirtschaftliche Wiederbelebung nach dem Krieg entstand ein zusätzlicher Bedarf an Lokomotiven, welcher mit Hilfe der Reservemaschinen nicht zu decken war. Hinzu kam, dass gegen Ende der fünfziger Jahre der Betrieb der Lokomotioven mit der dort heimischen Braunkohle deutliche Spuren beim Verschleiß der Kessel zeigte, so daß es schließlich unumgänglich wurde die Dampferzeuger der Baureihe 99 64-71 sowie andere Großteile wie die ebenfalls verschlissenen Wasser- und Kohlekästen in vielen Fällen zu ersetzen. Die anfangs der sechziger Jahre weiterhin angespannte Lage bezüglich der Erhaltung der sächsischen Schmalspurlokomotiven führte gegen Mitte der sechziger Jahre schließlich zum „Neubau“ von sieben VI-K Dampflokomotiven (99 64-72), da Alternativen, wie die Entwicklung einer leistungsfähigen Diesellokomotive fehlgeschlagen waren. Die Konstruktion der „Neubaulokomotive“ lehnte sich an die konstruktiven Merkmale der VII-K an, jedoch wurden wesentliche Komponenten, wie z.B. die Radsätze von den ausgewählten bestehenden Lokomotiven 99 696, 99 654, 99 694, 99 653, 99 687, 99 648, 99 706 übernommen.
Zum Modell der Halbrekolokomotive (mit Großteileerneuerung): Angeregt wurde der Bau dieses Modells durch die noch existierenden Vorbilder der 99 713 und 99 715. Natürlich fußt dieses Modell auf die VI-K von Henke, welches Modell auch sonst? Die Ausführung der 2. Bauserie mit eingepolderten Trittstufen und dem Dampfdom mit flacher Abdeckhaube bildet die richtige Ausgangsbasis für diesen Umbau. Glücklicherweise konnte ich auch auf ein Gehäuseteil mit geschweißten Wasser- und Kohlekästen zurückgreifen was den Umbau deutlich vereinfachte.
Die wesentlichen Arbeiten: - Abrunden des Wasserkastenabschlusses vorne mit Schmirgelleinen - Ausschneiden der Belüftungsöffnungen im Dach und Einbau von MS-Teilen im geöffneten Zustand - Versetzen der Kesselspeiseventile (neu konstruierte MS-Teile) auf die linke Kesselseite - Versetzen der Dampfentnahmeventile nebst Stellstangen und Halterungen am Dampfdom links und rechts gegen MS-Teile - Umbau des Sicherheitsventils (Verlängerung der Dampfaustrittsöffnungen) - Neue Dampfpfeife und Zug - Umbau der Glocke (Versetzen der Glocke auf dem Fuß sowie Neubau des Glockenkorpus) - Schornstein mit angeflanschtem Oberteil - Selbstbau des Wasserstandszeigers auf der linken Wasserkastenseite - Selbstbau der Wasserkastendeckel - Abdeckbleche zwischen Wasserkasten und Kessel - Neue Schmiergefäße am Wasserkasten - Neue Schmiernippel am Dampfzylinder - Selbstbau der Heberleinrolle vor dem Schornstein - Neue Speiseleitungen, neue Heizleitung am Kessel - Neue Hilfsbläserleitung und Anschluß an der Rauchkammer - Entfall des Zentralverschlusses an der Rauchkammertüre, Anbringen der Griffstange quer - Neue Blechverkleidung der Dampfeinströmrohre (3D-Druckteil) - Selbstbau der Lampenschutzbleche am Kohlekasten - Neuer Körting-Sauger (Umbau aus IV-K-Teil) - Neuer Elektroverteiler unter dem Führerhaus links - Neuer E-Kupplungsanschluß vorne (3D-Druckteil) - Selbstbau Windabweiser (3D-Druckteil) - Schlabberrohre links unter dem Führerhaus - Neuer Schmierpumpenantrieb links unter dem Führerhaus (MS-Teil) - Neuverrohrung Zugheizleitungen - Neuverrohrung Bremsluftleitungen - Neuverrohrung E-Leitungen - Selbstbau der Rückzugsfeder an der Steuerungsumstellung - Neue Abschlammventile (MS-Teile), Verrohrung und Schalldämpfer - Neue Handbremsanlenkung (MS-Teil) - Vergitterte Lampengläser (3D-Druckteil) - Austausch der Trichterkupplung gegen Scharfenberg-Kupplungsteile (vorgesehen) - Diverse Leitungen, Griffe usw.
Noch nicht begonnen habe ich den (Um)Bau des Stehkessels mit allen weiteren Einrichtungen des Führerstands. Herausfordernd ist dabei die komplizierte Anordnung der übereinander angeordneten Dampfstrahlpumpen und deren Verrohrung. Ein weiteres Manko ist, dass ich nicht mit Sicherheit sagen kann wie sich der Stehkessel Anfang der sechziger Jahre dargestellt hat. Mir sind leider keine Bilder bekannt, die insbesondere zwei Details offenbaren: - Art der Feuertüre (alte Ausführung als Drehtüre oder bereits umgebaut auf Kipptüre Bauart Marcotty?) - Art des Dampfreglers (alte Ausführung zentral angeordnet oder analog VII-K versetzt nach rechts unten?) Wer weiß mehr?
Der Antrieb erfolgt wie vorgesehen durch einen Faulhaber-Motor mit groß dimensionierter Schwungmasse über einen leise laufenden Riemenabtrieb.
Zur Steuerung werde ich einen ESU-Loksound neuester Generation verwenden. Doch ein Schritt nach dem anderen. Nachstehend einige Bilder zum bisherigen Stand der Dinge.
Als die 99 715 in Wilsdruff als Denkmallok aufgestellt wurde, habe ich auch ein Foto vom Führerstand gemacht. Vielleicht hilft Dir das ja schon ein Wenig weiter. Da musst Du auf der zweiten Seite der Bilder schauen.
heute gibt es mal wieder etwas für die „Sachsenfeunde“. Die 99 715 ist aussen fertig detailliert. Weiter gehen die Arbeiten jetzt am Stehkessel und dem Führerhaus. Das Standard Henke Gußteilesortiment wandert zuerst mal in die Restekiste. Die einzigen zu verwendenden Teile sind: - der Stehkessel, - die Abbildung der Kohlekastenvorderfront, - der Führerhausboden und - das Teil für die Wurfhebelbremse. Der Stehkessel wird von allen Seiten plan geschliffen, die Waschluken entfernt und alle Löcher verschlossen. Unten wird in das Stehkesselteil ein Stück Plastiksheet eingeklebt. In den Führerhausboden werden zwei Langlöcher eingefräst, um später den Stehkessel damit zu befestigen und zu justieren. Dazu passend werden in den Stehkessel Löcher gebohrt und 1,6 mm Gewinde geschnitten. Das Blech hinter dem Stehkessel ist übrigens ein von mir ausgedachter Träger für die Uhren und andere Teile wie z. B. die Züge für die Pfeife usw. Das hat den Vorteil, dass alle Teile des Stehkessels kompakt zusammengebaut eingebaut und auch wieder ausgebaut werden können. Diese Lösung habe ich bereits bei der 99 960, 99 651 und 99 704 angewandt (siehe Abbildung des Stehkessels der 99 704). Alle Ansetzteile am Führerstand entstehen vollkommen neu bzw. kommen aus meinem Gußteilesortiment. Eine besondere Herausforderung sind die schräg übereinander angeordneten Dampfstrahlpumpen und die komplizierte Verrohrung. Diesbezüglich muss ich mir noch eine Lösung ausdenken. Begonnen habe ich mit der Feuerbüchstüre Bauart Marcotti. Dieses Bauteil habe ich bereits für die württembergischen VI-K Modelle als Messinggußteil gemacht. Darüber befindet sich der Dampfregler. Dieser ist bei sächsischen Lokomotiven typischer Weise nach rechts und leicht nach unten versetzt. Ich nehme an, dass dies ergonomische Gründe für den Lokführer hatte. Die ursprüngliche Reglerstange der Dampflok verläuft jedoch nach wie vor mittig im Kessel. Über ein parallelogrammartiges Gestänge wird die Stellung des Reglers übertragen. Alle Teile entstanden in alt bewährter Handarbeit, Bleche vorwiegend an der Blechschere, konturierte Bleche durch Sägen mit feinen Blättern, Drehteile an meiner guten alten Proxxon Tischdrehmaschine und Bohrungen an meiner Präzisions-Bohrmaschine. Das Ergebnis könnt Ihr nachstehend betrachten. Über den weiteren Fortschritt werde ich jeweils berichten.
tolle Arbeiten zeigst Du uns hier. Das wirkt sehr inspirierend auf mich. Du erwähnst in Deinen verschiedenen Threads Gußteile aus Deiner Fertigung. Kann man die irgendwo sehen, und noch wichtiger, verkaufst Du auch welche?
Bitte mehr von Deinen Modellen.
Gruß Klaus
Der frühe Vogel fängt den Wurm, aber die zweite Maus bekommt den Käse!
ich bin erstmals mit einem deiner Bastelergebnisse konfrontiert und freue mich über deine Bemühungen, dem Original so nahe wie möglich zu kommen. Vielleicht kannst Du in einem gesonderten Tread etwas zur Herstellung der verwendeten Messinggußteile schildern. Die Idee mit dem Alibi-Blech zur Befestigung der Armaturen, die nicht am Stehkessel unterzubringen sind, bringt natürlich bei der Montage und Lackierung des Modells große Vorteile. Ich würde die Idee glatt übernehmen, wenn meine Baugröße (für mich!) dafür nicht zu klein und meine Augen wie die motorischen Fähigkeiten nicht immer mehr den Dienst verweigern würden.
Diese Kesselarmaturen sind einfach beeindruckend! Das Äußere ist auch nicht ohne, gerade im Rohzustand, zeigt sich schön die Wuchtigkeit der Lok, was von der unendlichen Menge an klein(st)en Anbauteilen noch untermalt wird. Das wird ein richtiger Brocken!
zwischenzeitlich gibt es wieder einen kleinen Fortschritt. Der Stehkessel ist etwas weiter detailliert. Natürlich gibt es Abweichungen zum Original. Bilder habe ich vorwiegend von der 99 713, aber das Grundprinzip der Anordnung soll stimmen. Im nächsten Schritt bekommen die Dampfstrahlpumpen links neben dem Stehkessel ihren Platz. Nachstehend wieder ein paar Bilder.
@ Peter: Etwas zur Herstellung der Gussteile zu schreiben würde bedeuten meine Lernkurve der letzten 35 Jahre wiederzugeben. Was ich sagen kann, ist dass ich mir den Urmodellbau autodidaktisch angeeignet habe. Voraussetzung ist in jedem Fall gutes Werkzeug. Ich habe als Grundausstattung eine Tischdrehbank, eine Fräse mit Kreuztisch, eine Präzisionstischbohrmaschine, eine Präzisionsblechschere, einen Microschweissbrenner und allerhand kleines feines Werkzeug aus dem Goldschmiedebedarf. Voraussetzung ist Präzision, eine ruhige Hand, ein gutes Auge, ewige Geduld (und die der Frau). Ich denke die Herstellung von Urmodellen aus dem Werkstoff Messing lässt sich nicht so einfach beschreiben. Ein Beispiel: Ich habe für die Tssd eine einstufige Luftpumpe aus Messing gemacht. Das Urmodell ist aus ungefähr 145 Einzelteilen zusammengesetzt! Gebraucht habe ich viele Bilder und eine Skizze mit Hauptabmessungen, mehr nicht.
@Klaus: Die Gussteile wurden überwiegend für meine württemberger Wagen, die Tssd, den Dampfkittel und viele andere Projekte geplant und hergestellt. Die Teile sind, soweit es die Wagen betrifft, vor Jahren in Kleinstauflagen verkauft worden. Grundsätzlich möchte ich jedoch nicht verkaufen. Das hat mehrere Gründe. Zum Einen ist es schwierig Gussteile, oder besser einzelne Zusammenstellungen nach den Vorstellungen des „Käufers“ zu kombinieren, da Teile u.U. von mehreren Gießbäumen kommen können. Zum Anderen bedeutet das, dass Gießformen rausgesucht, zusammengestellt und verschickt werden müssen. Dazu kommt der Versand, die Kosten dafür usw. Für mich ist das ein zeitlicher Aufwand, den ich nicht „nebenher“ auch noch betreiben möchte. Finanziell ist das völlig uninteressant, für Käufer sehr teuer. Ein weiterer Grund ist, dass ich gesundheitlich angeschlagen bin und meine Zeit unbedingt noch in Neues investieren möchte. Es tut mir leid, ich kann Dein bzw. Euer Interesse verstehen, aber ich habe Gründe…. Was ich aber tun möchte ist Anregungen zu geben und zu vermitteln was machbar ist.