der Baubericht zur württ. Ts3 wurde erstmals im alten Schmalspur-Treff im Juli 2017 veröffentlicht
Schmalspurlokomotive - 1000 mm Spur Borsig Berlin Nr. 4873 Baujahr 1903
Bei vielen Modellbahnern schlummert die MINEX Dampflokomotive im Regal. Eigent-lich weiß man nicht richtig, was man damit anfangen soll. Ist es ein Märklin Sammler-stück? Ist es eine Spielzeugeisenbahn für die Enkel? Kann man das Modell auf einer Modellbahnanlage einsetzen? Diese Ungewissheit hält bis heute an und ganz selten ist das Modell auf einer Ausstellung zu sehen.
Der Bericht soll zeigen, was mit ein wenig Geduld, etwas Aufwand und natürlich nicht für umsonst aus einem über 40 Jahre alten Modell entstehen kann.
Zum Vorbild
Die Württembergische Eisenbahn-Gesellschaft (WEG) bestellte für ihre neue 1000 mm Schmalspurstrecke Amstetten – Laichingen vier dreiachsige Dampflokomotiven bei der Firma Borsig in Berlin. Da sich bei Betriebsaufnahme zeigte, daß nur 3 Maschinen erforderlich sind, konnte man die vierte Maschine (WEG 4s) an die Königlich Württem-bergische Staatseisenbahn (KWStE) weitervermitteln.
1903 wurde die Maschine direkt an die KwStE ausgeliefert und als Ts3 Nr. 9 auf der 1000 mm Schmalspurstrecke Nagold – Altensteig in Dienst gestellt. Die Lokomotive wurde bei Gründung der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft mit der Nummer 99 121 bezeichnet. Bis 1927 war sie beim Altensteigerle im Dienst und wurde durch den Ein-satz der schweren Fünfkuppler Ts5 abgelöst. Sie wurde 1928 verschrottet.
Das MINEX-Modell
Märklin hatte seine MINEX Modelle, der Hausphilosophie folgend, als Modelle mit Dreileiter-Wechselspannung und Märklin typischen Konstruktionsdetails der 1970er Jahre entwickelt. Es war schnell klar, daß der Einsatz auf den Modulanlagen nicht oh-ne weiteres möglich ist.
In Zeitschriften und im Internet gibt es vereinzelt Berichte, die sich mit dem Umbau die-ses Modells befassen. Leider bleiben diese fast immer auf halbem Wege stehen. Zur Aufrüstung des Gehäuses findet man nichts. Das Problem ist offenkundig:
- der Umbau des MINEX Fahrgestells auf das bei Spur 0e Modellbahnern übliche Zweileitersystem ist enorm aufwendig und kann dann doch nicht 100 prozentig über-zeugen - die Aufrüstung des Gehäuses mit freistehenden Details ist anspruchsvoll.
Eine Idee
Bei Ausstellungen und Werkstatt-Treffen wurde immer wieder diskutiert, was aus der MINEX Dampflokomotive gemacht werden kann. So entstand die Idee, dem Modell ein zweites Leben im 21. Jahrhundert zu gebe. Ein neues Fahrgestell (FG) soll entwickelt werden. Eine neue Steuerung soll die gestanzten Märklin-Teile ersetzen. Das origina-le Gehäuse soll im Grunde erhalten bleiben und nur soweit vertretbar abgerüstet wer-den.
Die Abrüstung
In der ersten Bauphase wurde das Gehäuse der MINEX Lokomotive abgerüstet. Natür-lich kann man alles auch ganz anders machen, bis hin zu einem neuen Kessel aus Messingrohr. Von MINEX bliebe dann nur das Führerhaus (FH) übrig - eigentlich könn-te dieses auch noch neu geätzt werden. Dann wäre es definitiv kein MINEX Umbau mehr.
Zunächst wurden alle angegossenen Details vom Kessel und vom Führerhaus mit Sti-chel, Skalpell und 320 Schmirgelpapier entfernt. Zum Schluß wurde mit dem Glasfa-serradierer die Oberfläche geglättet.
Parallel zum Abtragen der angegossenen Teile wurden die Ergänzungen aus Polysty-rol eingeklebt. Dabei hat sich „Pattex Spezial Modellbau“ bewährt. Zum Verfüllen und Anpassen der eingeklebten Polystyrol-Platten kam der allseits bekannte „Stabilit Ex-press“ zum Einsatz.
Das Fahrgestell
Für den Umbau meiner MINEX Dampflokomotive zu einer württ. Ts3 / DRG 99 121 verwende ich das FG von Ulf Haußen. Um dieses im Erscheinungsbild noch etwas zu verfeinern und an meine anderen Änderungen anzupassen wurde eine kleine Mes-singätzplatine hergestellt.
Als weiteres hat Peter Herrmann einen feiner Frästeilesatz hergestellt, um die HENKE-Räder des Haußen-Fahrgestells an das Vorbild anzupassen. Die Segmente werden auf die Speichen der Räder aufgesteckt. Der Gesamteindruck der Räder ist nun stim-mig.
Die Aufstiegsleitern zum FH wurden ebenfalls als Frästeile neu hergestellt. Sie sind so konstruiert, daß sie an das neue FG von unten an den Boden des Werkzeugkastens angelötet werden.
Die dem FG beiliegenden Zylinder (modifizierte Abgüsse der MINEX Zylinder, die von HENKE angeboten werden) mußten überarbeitet werden. Die Deckel habe ich abge-fräßt und durch vorbildgerechte Frästeile aus Messing ersetzt.
Das Präzisionsfahrgestell hat einen Riemenantrieb auf die dritte Achse. Die erste und zweite Achse werden über die gefräste Kuppelstange angetrieben. Der Antrieb ist im Betrieb sehr leise. Die Stromaufnahme auf allen 6 Räder und das Wipplager der bei-den ersten Achsen statten das Modell mit hervorragenden Fahreigenschaften aus.
Das Gehäuse
Die Anbauteile am Gehäusewurden Schritt für Schritt angebracht. Zur Verwendung kamen Gußteile aus meinem eigenen Programm oder von anderen Modellbauern. Ei-nige Details mußten als Einzelstück angefertigt werden. Die freistehenden Griffstangen und Leitungen wurden entsprechend den Originalfotos angebracht.
Auch die Ausstattung des FH wurde ergänzt. Die Führerstandseinrichtung ist auf einer Bodenplatte und einer schräg angelöteten Stehkesselrückwand aus Messingblech aufgebaut. Nach der Lackierung und farblichen Behandlung kann die gesamte Einheit von oben ins FH eingesetzt und am Gehäuse angeschraubt werden.
Das Dach wurde aus Messingblech gebogen, bekam an den Traufkanten jeweils eine Regenleiste und vier Dachhaken.
Zuletzt noch die Vorarbeiten für die Beschriftung. Für die württ. Ts3 wurde ein Beschrif-tungssatz aus Naßschiebebildern hergestellte. Auf das noch nicht lackierte Gehäuse wurden 0,15 mm Plastikplättchen in entsprechender Größe aufgeklebt. Dies hat den Vorteil, daß sie gleich mit dem Gehäuse lackiert werden und nach der Lackierung nicht mehr mit Klebstoff hantiert werden muß.
Die Steuerung
Passend zum FG von Ulf Haußen hat Karl Heinz Riefer eine neue Steuerung konstru-iert. Vorne weg – diese Steuerung ist sehr ambitioniert und eigentlich für Modellbauer mit Erfahrung gedacht. Ausdrücklich: Dies ist keine Kritik! Ich möchte nur Enttäuschun-gen vermeiden.
Wer mich kennt weiß, daß ich immer eine individuelle Note anbringen möchte. Des-halb wurden an einigen Stellen Änderungen vorgenommen.
Insgesamt eine sehr schöne Steuerung, die sich vorbildgerecht bewegt! Für die Mon-tage muß man sich Zeit lassen und die Ruhe bewahren. Mein Zeitaufwand für die Steuerung mit allen Änderungen betrug ca. 20 Stunden.
Zum Schluß
Das Modell wurde sandgestrahlt, grundiert und lackiert. Nach der Beschriftung und kleinen Nachbesserungsarbeiten wurde eine Schicht Klarlack (Seidenglanz) aufgetra-gen.
Noch zwei interessante Informationen zu meinem Umbau. Ich schätze, daß der finanzi-elle Aufwand für den Umbau insgesamt 500 Euro betragen hat. Nicht eingerechnet sind die Kosten für das MINEX Original und natürlich auch keine Arbeitszeiten. Dieser Wert kann noch ansteigen, je nach Wahl der Digitalisierung, ob mit oder ohne Sound oder ob ein Ätzschildersatz verwendet wird. Der zeitliche Aufwand wurde nicht konkret erfaßt. Auch hierzu kann ich nur eine Schätzung abgeben. Im Dezember 2016 habe ich mit dem Projekt begonnen. Jetzt Mitte Juli 2017 ist das Modell fertig. In sieben Mo-naten mit durchschnittlich jeweils 15 bis 20 Stunden schätze ich insgesamt 120 bis 150 Stunden …. vielleicht auch ein paar mehr.
Das wichtigste ist, daß der Aufwand und die Arbeit, die wir Modellbauer betreiben Spaß macht. Dies trifft für mich beim Umbau der MINEX Dampflokomotive zu, der Spaßfaktor hat hier die höchste Stufe erreicht.
Weitere Fotos und Informationen auf meiner Internetseite
Moin Armin, danke für den Wink mit dem Zaunpfahl, eigentlich sollte dem Beitragsersteller editiern eine gewisse Zeit möglich sein. Ich werde da nachbessern.
ich hoffe mal, daß die Steuerung endlich mal realisiert wird. Dann könnten noch ein paar mehr dieser Dampfloks die 0e-Welt erblicken. Ansonsten, immer eine Augenweise, Deine Modelle zu sehen. Das macht Lust auf mehr. Du ahnst nicht, was du damit bei mir angerichtet hast.
Gruß Klaus
Der frühe Vogel kriegt den Wurm, die zweite Maus aber den Käse!